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Maifelder Thesen zum Verhältnis zwischen Christen und Juden

Als evangelische Christen auf dem Maifeld sind wir stolz darauf, dass unsere Kirche schon 1980 einen Beschluss „zur Erneuerung des Verhältnisses zwischen Christen und Juden“ gefasst hat und diesen 2005 ausdrücklich bestätigte. Nach ausführlichen Gesprächen haben wir Thesen zu unserem Verhältnis zu unseren jüdischen Geschwistern formuliert. Sie sollen uns in unseren Beziehungen vergewissern und leiten und stehen auf der Grundlage dessen, was viele vor uns schon gedacht und formuliert haben:

1) Wir Christen beten mit den Juden den gleichen Gott an.

Der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs ist auch der Gott und Vater Jesu. Das Volk Israel wurde als erstes von Gott erwählt. Durch den Juden Jesus sind Menschen aus anderen Völkern und damit auch wir als die jüngeren Geschwister im Glauben hinzugekommen. Wir sind durch Jesus Christus auf Dauer mit dem Volk Israel verbunden.

2) Wir Christen müssen die bleibende Erwählung des Volkes Israels durch Gott bekennen.

Dass Juden anders zu Jesus stehen als wir Christen, darf nicht in christlicher Sicht dazu führen, ihnen ihre Erwählung und ihr besonderes Gottesverhältnis abzusprechen. Eine christliche Mission unserer jüdischen Geschwister schließen wir aus.

3) Wir Christen stützen uns mit den Juden auf die Autorität der Bibel.

Mit Israel haben wir die Bibel als Gottes Wort empfangen (die Juden nennen sie „Tenach“ und wir Christen das „Alte Testament“). Im Wissen darum, dass Juden und Christen sie z.T. anders auslegen, auch dass wir Christen das „Neue Testament“ als zusätzliche Offenbarung Gottes anerkennen, dürfen wir mit den gemeinsamen Texten nicht enteignend umgehen.

4) Wir Christen erkennen mit den Juden die überragende Wichtigkeit von Gottes Weisung, seiner Thora, an.

Im Zentrum der Weisung Gottes steht die Bemühung um die unveräußerliche Würde und Heiligkeit des Menschen. Mit Israel sehen wir in Gottes Thora und seinen lebensermöglichenden Weisungen die Gute Nachricht Gottes, sein Evangelium: Er liebt uns und traut uns viel zu.

5) Wir Christen erwarten mit den Juden einen neuen Himmel und eine neue Erde, in denen Gerechtigkeit wohnt.

Unsere Ausrichtung auf eine heilvolle Zukunft sollte eine gemeinsame Besinnung auf die Aufgaben und Chancen der Gegenwart hervorbringen. Juden und Christen müssen sich für Frieden und Gerechtigkeit einsetzen.

6) Wir Christen bekennen den Staat Israel als Zeichen der Treue Gottes.

Wir Christen wissen, dass das Land Israel den Juden als Zentrum des Bundes zwischen ihnen und Gott verheißen wurde und erkennen die zentrale Bedeutung der Errichtung des Staates im gelobten Land an. (Wir dürfen unsere Geschwister daran erinnern, dass Gott gegenüber allen Nichtjuden, die im Staat Israel leben, Gerechtigkeit gebietet.)

7) Wir Christen erkennen die christliche Mitverantwortung und Schuld an den Verbrechen in den Zeiten des Nationalsozialismus und sehen die Trauer mit unseren jüdischen Geschwistern und den Kampf gegen jeden Antisemitismus als unsere Aufgabe an.

Ein kritischer Umgang mit den antisemitischen Tendenzen im Neuen Testament gehört ebenso dazu wie die Auseinandersetzung mit eingefleischten antisemitischen Stimmungen im Gemeindealltag (der „heuchlerische Pharisäer“ oder das „grausame Alte Testament“). Im Gedenken an die „Schoa“, an den Völkermord im Nationalsozialismus und in der Trauer finden wir mit unseren jüdischen Geschwistern zusammen.

8. Für uns Christen ist es unverzichtbar, mit unseren jüdischen Geschwistern im Gespräch zu bleiben.

Dabei spielt die Achtung voreinander und der Wunsch, Vertrauen zu gewinnen, eine besondere Rolle. Wir können voneinander lernen, uns gegenseitig weiterbringen und auch kritisieren, ohne das jeweils Eigene zu verlieren. Wir halten die Unterschiede in unserem Verständnis von Jesus (Prophet oder Messias) und in unserer Rede von dem einen Gott (ein Gott oder drei in einem) aus.