Eine Erinnerung an den Reformator Thomas Müntzer und den Bauernkrieg

Die Schlacht zu Frankenhausen Vor 500 Jahren, am 15. Mai 1525, endete die Schlacht zu Frankenhausen mit einem Sieg des Bündnisses der Fürsten unter Philipp von Hessen gegen die aufständischen Bauern und Berggesellen. Sie hatten deren Wagenburg am Fuß des Kyffhäusers bei der Stadt Frankenhausen eingekreist. Das Geschützfeuer wurde eröffnet. Der aufständische Haufen war schnell zerstreut. In wilder Flucht rannten Überlebende auf die Stadtmauern zu. Sie wurden niedergemetzelt.
5000 fielen an diesem Tag, 600 wurden gefangen genommen. Auf der Seite der fürstlichen Truppen gab es 6 Tote. Der Reformator Thomas Müntzer, der wichtigste Anführer der Aufständischen, wurde gefangengenommen, tagelang gefoltert und am 27. Mai 1525 enthauptet.
Ein durchgeknallter regiöser Eiferer? Ein evangelischer Theologe, von dem immer noch Lieder in unserem Gesangbuch überliefert sind (EG 3 und 104), als Anführer „räuberischer und mörderischer Rotten“, wie kann das sein? – Tatsächlich beschreibt Thomas Müntzer sich selbst als scharfe Sichel Gottes, um die faulen Äpfel, gemeint sind ausbeuterische Fürsten, abzuschlagen (Prager Manifest 1521).
Die Hitze und der Zorn einiger seiner Predigten und Texte und auch seine endzeitliche Zuspitzung sind heute für viele befremdlich. Aber da unterscheidet er sich nicht von Martin Luther, unserem in den Theologenhimmel gehobenen Reformator. Der fordert die Aufständischen im Bauernkrieg auf, „sich nicht zu sträuben gegen das Unrecht, sich nicht zu wehren, sich nicht zu rächen, sondern Leib und Leben dahinzugeben, dass es raube, wer da raubt“ (Ermahnung zum Frieden, April 1525).
Wenig später fordert er dazu auf, alle Aufständischen „zu würgen und stechen, … wie man einen tollen Hund totschlagen muss“(Wider die räuberischen und mörderischen Rotten der Bauern, Mai 1525).
Ein Theologe auf der Seite der armen Leute Thomas Müntzer war der Sohn eines vermögenden Handwerkermeisters. Er studierte, wurde Magister der Theologie und war sehr umfassend humanistisch gebildet. Von 1520 bis 1525, nur fünf Jahre, war er öffentlich wirksam. Er sah die soziale Not: freie Bauern wurden in die Leibeigenschaft gepresst, traditionelle gemeinschaftliche Nutzung der Ressourcen wurde von den Fürsten immer mehr eingeschränkt, der Frondienst der Bauern wurde verschärft, Berggesellen arbeiteten unter unsäglichen Bedingungen. In der Konfrontation mit der sozialen Wirklichkeit und in seinem Studium der Bibel entdeckte Thomas Müntzer die Positionierung Gottes: „Gott verachtet die großen Hansen, alle die Herodes und Kaiphas und Hannas. Und er nahm auf zu seinem Dienst die Kleinen, wie Maria, Zacharias und Elisabeth.“(Ausgedrückte Entblößung des falschen Glaubens, 1524).
Mein Reformator Jenseits des garstigen geschichtlichen Grabens und der Ablehnung damaliger Gewalt auf beiden Seiten kann ich einige theologische Entdeckungen Luthers würdigen. Mir ist aber Thomas Müntzer sehr viel näher. Sein Engagement für die soziale und religiöse Gleichheit als tiefer Ausdruck seines Glaubens ist für mich vorbildlich. Wolfram Stille, wichtiger Impulsgeber in unserer Gemeinde (2013 verstorben), hat mich vor über 20 Jahren mit seiner eindeutigen Aussage beeindruckt, die ich genau so mitsprechen kann: „Thomas Müntzer ist mein Reformator.“
Ingo Schrooten
